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Peer-Tutoring – Studierende unterstützen Studierende

Mit der neuen Peer-to-Peer-Schreibberatung von Studierenden für Studierende werden die Angebote des Schreibzentrums um ein besonders niederschwelliges Format erweitert. Doch was verbirgt sich dahinter genau – und wie ergänzt das Peer-Tutoring die Lehr-Lern-Kultur an der TH Köln?

Das Schreibzentrum der TH Köln ist konzipiert als unterstützende Lern- und Wissensressource für all jene, die ein neutrales Text-Feedback erhalten und sich über das wissenschaftliche Schreiben auszutauschen möchten. (Vgl. zur Ausrichtung von Schreibzentren als Lernzentren: Bräuer 2016) Insbesondere die fachübergreifende Beratung des Schreibzentrums für Studierende und Promovierende aller Fakultäten ist seit einigen Jahren fest etabliert an unserer Hochschule. Sie wird in Form individueller Beratungsgespräche per Videochat und einer offenen Sprechstunde in der Hochschulbibliothek angeboten.

Das langfristige Ziel der Schreibberatung (und der weiteren Angebote des Schreibzentrums) ist es, die Schreibkompetenz an der TH Köln zu stärken und den hochschulweiten Austausch über das Schreiben zu fördern. Sie ist insofern eine wertvolle Unterstützung für Lehrende, als sie bessere Texte erhalten und mit reflektierten, gut vorbereiteten Studierenden über anstehende schriftliche Prüfungsleistungen sprechen können. Die Nachfrage ist hoch und zeigt sehr deutlich den Bedarf, über die Herausforderungen des Schreibens und studienrelevante Texte zu reden.

Was ist Schreibberatung?

In diesem Kontext und ausgehend von sozial-konstruktivistischen Lerntheorien wird Beratung grundlegend verstanden

[…] als situationsbezogene und spezifische Hilfestellung bei der Analyse und Lösung von Problemen oder bei auftauchenden komplexen Fragestellungen – wobei Beratung immer auch dialogisches und gemeinsames Denken und Handeln beinhaltet.

Thomann/Pawelleck 2013:15

Der am Schreibzentrum verfolgte Ansatz ist zudem ausdrücklich kompetenz- und nicht defizitorientiert. Es geht also nicht darum, Schwächen und Defizite aufzudecken; ebenso wenig richtet sich ein solches Angebot ausschließlich an diejenigen, die vermeintlich Probleme mit dem Verfassen akademischer Texte haben. Vielmehr ist das Ziel der Beratungsgespräche, Selbständigkeit und Lernerautonomie zu fördern, vorhandene Stärken zu erkennen und so die individuelle Lernmotivation zu stärken.

Warum Peer-to-Peer?

Um möglichen Hemmschwellen bei der Inanspruchnahme der Schreibberatung entgegenzuwirken, ist die Schaffung von Peer-to-Peer-Lernumgebungen eine wichtige Ergänzung dieses Ansatzes. Mit dem Begriff Peer werden üblicherweise Personen bezeichnet, die sich in einer ähnlichen Lebenssituation befinden und prinzipiell gleichrangig sind, etwa hinsichtlich ihres Alters oder ihres sozialen Status. (Vgl. Treidler/Westphal/Stroot 2014: 15f.) Diese Idee der Gleichrangigkeit bildet den Kern des Peer-Settings in der Schreibberatung, das mithin beschrieben werden kann als „[…] eine Lernaktivität von mindestens zwei Lernenden, in der durch ein symmetrisches Lernarrangement ein gegenseitiger Austausch über Wissen und Erfahrungen stattfindet sowie gemeinsam Ideen (weiter-)entwickelt werden.“ (Brinkschulte 2014: 127) Genau hier liegt der Mehrwert eines solchen Beratungsformats: Eine Beratung von Peer-Schreibtutor*innen, d. h. von (entsprechend geschulten) Studierenden für Studierende, findet grundsätzlich auf Augenhöhe statt und stellt ein niederschwelliges Angebot dar, das selbständiges Lernen und die Entwicklung individueller Potenziale fördern soll. (Vgl. Henkel/Vollmer 2014: 53ff.)

Während Schreibtutor*innen ihre Erfahrungen und ihr Wissen zum Schreiben in ein Beratungsgespräch einbringen, steuern die Ratsuchenden ihr fachlich-inhaltliches Wissen bei. (Vgl. Grieshammer/Peters 2014: 437f.) Es ist also ausdrücklich nicht die Aufgabe von Peer-Tutor*innen, in der fachübergreifenden Schreibberatung fachliche Inhalte zu vermitteln; hier unterscheidet sich die fachübergreifende Begleitung des Schreibens in der Beratung deutlich von der fachlichen Betreuung durch Lehrende (vgl. Ulmi et al. 2017: 229). Vielmehr ist es Ziel der Beratung, gemeinsam mit den Ratsuchenden Wege zur Beantwortung einer Frage oder Lösung eines Problems zu finden. Die individuellen Anliegen der Ratsuchenden stehen dabei stets im Vordergrund. Typische, wiederkehrende Themen der Schreibberatung haben etwa konkret mit Texten (Themeneingrenzung, Formulierung einer Fragestellung, Gliederung, Argumentation, Stil, Formulierungen etc.), aber auch mit dem Schreiben als komplexem Prozess (Schreibstrategien, Zeitmanagement, Überwindung von Schreibproblemen etc.) und kommunikativer Handlung (Adressatenorientierung, Lesererwartungen etc.) zu tun.

Dabei geht es in der Peer-Schreibberatung nicht primär darum, Texte zu optimieren. Ziel eines solchen Angebots ist vielmehr, die akademische Schreibkompetenz der Ratsuchenden langfristig zu fördern und sie so auf den weiteren Studienverlauf vorzubereiten. Schreibberatung in diesem Verständnis ist nicht instruktiv oder normativ, sondern stellt „[…] eine begleitete Hinführung zum selbständigen Umgehen mit dem komplexen Schreibprozess […]“ (Brinkschulte 2014: 125) dar. Ratsuchende sollen durch die Beratungsgespräche in die Lage versetzt werden, selbständig und eigenverantwortlich die Entscheidungen zu treffen, die beim Verfassen eines wissenschaftlichen Textes notwendig sind. Ein Diktum dieses Ansatzes lautet daher, dass Beratende ausschließlich Hilfe zur Selbsthilfe leisten. (Vgl. Bräuer 2014: 272) Das bedeutet, dass keine Lösungen vorgegeben oder Antworten vorweggenommen werden, sondern Ratsuchende im Gespräch mit den Ratgebenden selbst auf die Lösung ihres Problems oder die Antwort auf ihre Frage stoßen.

Ein weiteres Merkmal des Peer-to-Peer-Ansatzes ist es, dass alle Beteiligten von einem solchen Lernsetting profitieren: Peer-Beratung hilft nicht nur Ratsuchenden im Hinblick auf ihre je spezifischen Problem- oder Fragestellungen weiter, sondern ermöglicht es auch den Tutor*innen selbst, wichtige Kompetenzen zu erlangen, etwa hinsichtlich Selbstreflexion, Gesprächsführung, Wissen über die Textproduktion etc. In ihrer Arbeit sammeln sie also praktische Erfahrungen, die nicht nur studien-, sondern auch berufsrelevant sind.

Die Peer-to-Peer-Beratung im Schreibzentrum

Vor diesem Hintergrund wird derzeit am Schreibzentrum eine Peer-to-Peer-Schreibberatung eingeführt. Zu diesem Zweck hat nun ein interdisziplinäres Team aus mehreren wissenschaftlichen Hilfskräften seine Arbeit aufgenommen und bietet ab sofort zusätzliche und niederschwellige Unterstützung im Schreiben an – von Studierenden für Studierende. Die Peer-Tutor*innen des Schreibzentrums werden in der individuellen Schreibberatung tätig sein und das Angebot der offenen Sprechstunde ausweiten.

Auf ihre – zweifellos herausfordernde – Tätigkeit werden die Peer-Tutor*innen durch eine intensive Schulung vorbereitet. Die Schulung beruht auf dem Rahmenkonzept für Ausbildungen von Peer-Schreibtutor*innen der Gesellschaft für Schreibdidaktik und Schreibforschung e. V., in dem aktuelle Erkenntnisse aus der Schreibprozessforschung, Schreibzentrumsforschung und Schreibdidaktik berücksichtigt werden.

Verwendete und weiterführende Literatur

  • Bräuer, Gerd (2014): Grundprinzipien der Schreibberatung. Eine pragmatische Sicht auf die Schreibprozesstheorie. In: Dreyfürst, Stephanie/Sennewald, Nadja [Hrsg.]: Schreiben. Grundlagentexte zur Theorie, Didaktik und Beratung. Opladen, Toronto: Barbara Budrich, S.257-282.
  • Bräuer, Gerd (2016): Konzeptuelle Überlegungen zur Ausrichtung von Schreibzentren als Lernzentren. In: Ballweg, Sandra [Hrsg.]: Schreibberatung und Schreibförderung: Impulse aus Theorie, Empirie und Praxis. Frankfurt am Main: Lang, S.337-360.
  • Brinkschulte, Melanie (2014): Kollaboratives Lautes Erinnern als Methode in der Schreibberater*innen-Ausbildung. In: Westphal, Petra et al. [Hrsg.]: Peer Learning durch Mentoring, Coaching & Co. Aktuelle Wege in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern. Immenhausen: Prolog-Verlag, S.125-135.
  • Grieshammer, Ella/Peters, Nora (2014): Peer Tutoring. Antworten für Skeptiker. In: Dreyfürst, Stephanie/Sennewald, Nadja [Hrsg.]: Schreiben. Grundlagentexte zur Theorie, Didaktik und Beratung. Opladen, Toronto: Barbara Budrich, S.437-444.
  • Grieshammer, Ella et al. (2022): Zukunftsmodell Schreibberatung. Eine Anleitung zur Begleitung von Schreibenden im Studium. 5. unveränd. Auflage. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.
  • Henkel, Christine/Vollmer, Anna (2014): Beraten auf Augenhöhe: Ein theoretisches Modell der Peer-Beratung. In: Westphal, Petra et al. [Hrsg.]: Peer Learning durch Mentoring, Coaching & Co. Aktuelle Wege in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern. Immenhausen: Prolog-Verlag, S.51-58.
  • Peters, Nora (2016): Schreibhilfe von Studierenden für Studierende? Eine qualitative Studie zur studentischen Schreibberatung. In: Ballweg, Sandra [Hrsg.]: Schreibberatung und Schreibförderung: Impulse aus Theorie, Empirie und Praxis. Frankfurt am Main: Lang, S.173-189.
  • Thomann, Geri/Pawelleck, Anja (2013): Studierende beraten. Opladen, Toronto: Budrich.
  • Treidler, Maren/Westphal, Petra/Stroot, Thea (2014): Peer Learning. In: Westphal, Petra et al. [Hrsg.]: Peer Learning durch Mentoring, Coaching & Co. Aktuelle Wege in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern. Immenhausen: Prolog-Verlag, S.15-20.
  • Ulmi, Marianne et al. (2017): Textdiagnose und Schreibberatung. Fach- und Qualifizierungsarbeiten begleiten. 2., aktualisierte Auflage. Opladen, Berlin: Budrich.

Header-Bild: © Freedomz/stock.adobe.com

  • Andreas Bissels schaut in die Kamera, hat helle Haare und trägt ein hellblaues Hemd.

    Andreas Bissels ist verantwortlich für das Schreibzentrum der Kompetenzwerkstatt an der Technischen Hochschule Köln. Als Schreibberater begleitet er Studierende und Promovierende beim Verfassen von Texten, bietet Schreibworkshops an und organisiert Schreibevents. Für Lehrende ist er fachübergreifender Ansprechpartner in schreibdidaktischen Fragen.

Wir freuen uns über Ihr Feedback!

Wir haben uns bei der Entwicklung dieses Angebots bemüht, Sie als Lehrende schon im Vorfeld einzubeziehen. Deshalb freuen wir uns, wenn Sie uns helfen, das Angebot weiter zu verbessern. Teilen Sie uns gerne mit, was Sie sich wünschen, was Sie stört oder was Ihnen besonders gut gefällt. Sie möchten uns direkt kontaktieren? Dann schreiben Sie uns unter lehrpfade@th-koeln.de!