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Zusammen wirksam werden mit projektbasiertem Lernen

Projektbasiertes Lernen ist mehr als nur Teamarbeit. Mit dieser hochschuldidaktischen Methode können Studierende von der Vielfalt ihrer Gruppenmitglieder lernen und sich gleichzeitig mit eigenen Fähigkeiten und Ideen einbringen.

Was ist ein Projekt?

„Projekt“ bezeichnet eine Arbeitsform, bei der die Studierenden eine komplexe Problemstellung innerhalb eines gegebenen Zeitraums selbständig bearbeiten, um am Ende praktische Ergebnisse („Produkte“) vorzulegen. Typischerweise werden Projekte in Teams bearbeitet, sodass nicht nur der individuelle Arbeitsprozess organisiert werden muss, sondern auch der Gruppenarbeitsprozess. Lernen und Lehren in Projekten nutzt diese Arbeitsform als Rahmen, der bei den Studierenden eine große Breite von Fähigkeiten anspricht und zu entwickeln hilft. So erwerben und verfeinern die Studierenden wesentliche Kompetenzen des Projektmanagements. Projektorientiertes Lernen kann mit einer Vielzahl an Möglichkeiten gestaltet werden. Projekte können unterschiedlich komplexe und fachlich anspruchsvolle Probleme zum Ausgangspunkt haben, sie können verschieden lange Zeiträume zu ihrer Bearbeitung umfassen und sie können unterschiedliche Auftraggeber*innen haben. So gibt es zum Beispiel Projekte, die durch Studierende selbst initiiert werden, bei denen externe Kooperationspartner Auftraggeber*innen sind, bei denen Lehrende den Auftrag und Kooperationsformen vorgeben. Projekte können sich auf völlig unterschiedliche Gegenstände beziehen – neben technischen, wirtschaftlichen oder sozialen Themenfeldern können Studierende auch das Lernen selbst in einem Projekt bearbeiten (vgl. Gerber, Grünvögel & van Treeck, 2016).

Was ist projektbasiertes Lernen?

Projektbasiertes Lernen von Sprouts Deutschland. Dieses Video ist auch in englischer Sprache verfügbar.

Schritt für Schritt: Projektbasiertes Lernen

Der Ausgangspunkt für die Studierenden ist ein komplexes Problem oder eine spezifische Aufgabe. Bei einem gut formulierten Learning Outcome können Sie aus dem Wozu einen Rahmen des Projektes ableiten, innerhalb dessen eine konkrete komplexe Handlung erfolgen soll, die eine (leichte) Komplexitätsreduzierung des Rahmens sein muss, um erreichbar und prüfbar zu sein.

Die Studierenden erarbeiten selbstständig Arbeitsaufträge bzw. Fragestellungen. Dazu müssen sie auch Lernziele definieren.

Die Studierenden organisieren ihr Team eigenverantwortlich, beispielsweise indem sie Diskussionen leiten, Rollen vergeben, Protokolle schreiben, Arbeitsaufträge formulieren, verteilen und ausführen. Die Projektplanung übernehmen die Studierenden. Das bedeutet, sie müssen selbstständig Meilensteine, Projektstruktur und Lösungswege für Probleme definieren und entwickeln.

In diesem Schritt arbeiten die Studierenden im Team, bringen ihre unterschiedlichen Denk- und Arbeitsweisen zusammen, diskutieren und treffen gemeinschaftlich Entscheidungen. Sie kontrollieren den Projektfortschritt und reflektieren über den Ablauf des Projekts. Gemeinsam werden Arbeitsaufträge abgeschlossen und Ergebnisse erzielt.

Das Team präsentiert die Arbeitsergebnisse vor einem Publikum und dokumentiert diese gegebenenfalls für eine weitere Nutzung. Abschließend sollten die Studierenden das Projekt zusammen oder individuell reflektieren, zum Beispiel in einem Portfolio.

Wozu lernen in Projekten?

Die Projektbasierung ist ein didaktisches Arrangement, das nachhaltiges Lernen initiiert und fördert. Studierende profitieren in der Teamarbeit von der Vielfalt der Gruppe und können individuelle Fähigkeiten einbringen, im Team lernen und an den eigenen Kompetenzen arbeiten. Studien zeigen, dass Studierende zahlreiche Fähigkeiten durch projektbasiertes Lernen verbessern (vgl. Chen & Yang, 2019; Efstratia, 2014; Lasauskiene & Rauduvaite 2015):

  • Entscheidungskompetenz
  • Problemlösungskompetenz
  • Kommunikationskompetenz
  • Kooperationskompetenz
  • Selbstgesteuertes und selbstreguliertes Lernen
  • Selbstwirksamkeit
  • Zeitmanagement

Dabei ist projektbasiertes Lernen auch eine Herausforderung, die gut durch die Lehrperson begleitet werden muss.

Prüfen mit projektbasiertem Lernen

Projektbasiertes Lernen kann sich auf einzelne kurzzeitige Sequenzen beziehen (zum Beispiel in der Kombination aus Vorlesung und projektbasiertem Lernen) oder als methodisches Prinzip ein ganzes Modul bestimmen. Entsprechend sind die Leistungsnachweise zu gestalten. Generell muss jedoch gelten, dass sich der Leistungsnachweis sowohl auf das Ergebnis („Produkt“), als auch auf den Arbeitsprozess bezieht und die Studierenden einen Anreiz haben, sich im Projekt zu engagieren und entsprechend der angestrebten Learning Outcomes zu arbeiten.

Geeignete Prüfungsformen sind je nach Outcome:

  • Funktionstest des Produkts: Entworfene Produkte können gemeinschaftlich auf ihre Nutzbarkeit getestet werden. Hierzu ist es sinnvoll, dass Sie als Lehrende*r aus dem Learning Outcome der Lehrveranstaltung die Mindest- und Maximal-Kriterien formulieren, die innerhalb des Projektes für das Produkt erreicht werden können.
  • Präsentation mit Diskussion: Eine Abschlusspräsentation ermöglicht den Studierenden, ihre Arbeitsergebnisse in die Welt zu bringen und Feedback zu erhalten. Positives, aber auch kritisches Feedback können das Selbstvertrauen stärken und die Weiterentwicklung fördern. Oft ist gerade der reflexive Umgang oder spezifischer die Präsentation eines Ergebnisses vor einem Stakeholder (mit Vor- und Nachteilen, wissenschaftsgeleiteter Einordnung, Einbindung der Zielgruppe) Ziel einer Projektbasierung.
  • (e-)Portfolio: Ein Portfolio ermöglicht über die Einbindung im Verlauf entstandener Artefakte / Zwischenprodukte die Reflexion über den gesamten Arbeitsprozess und lässt eine Beurteilung der individuellen Leistung zu. Einfach umzusetzen ist dies mit dem Tool THspaces. Dort können sich Studierende eigene Spaces einrichten, in dem sie ihre Reflexion festhalten. Auch ILU hat eine Portfolio-Funktion.

Gestaltung einer projektbasierten Lehrveranstaltung

Ein Setting, in dem Studierende im hohen Maße selbstverantwortlich und kollegial Probleme bearbeiten müssen, muss gut organisiert sein. Die Vorbereitung und Umsetzung stellt für viele Lehrende durchaus eine Herausforderung dar und kann deswegen abschreckend wirken (vgl. Lasauskiene & Rauduvaite, 2015). Das muss es jedoch nicht! Mit der folgenden Checkliste gelingt die Vorbereitung im Handumdrehen.

  • Welche wofür relevanten Handlungskompetenzen sollen die Studierenden im Projekt exemplarisch erwerben können?
  • Inwiefern will ich in dem Projekt Theorie und Praxis verknüpfen?
  • In welchem Kontext steht die Lehrveranstaltung in Bezug zum Studiengang?
  • Wie will ich den Studierenden die Learning Outcomes und Bewertungskriterien vorstellen? (Transparenz)
  • Prüfe ich die Learning Outcomes als Projektergebnis bzw. Produkt oder als Lernprozess, der zum Ergebnis führt?
  • Wie gestalte ich die Bewertungskriterien so, dass transparent wird, was gefordert ist und gleichzeitig auch individuelle Ergebnisse bewertet werden können?
  • Wie formuliere ich die Aufgabenstellung oder das Problem zu Beginn des Projekts so, dass die Studierenden
    • es selbst analysieren,
    • Arbeitsabschnitte (Meilensteine) ableiten und
    • Handlungsschritte (Methoden) planen können?
  • Führe ich in eine bestimmte Methodik ein?
  • Habe ich eine sorgfältige Klärung und Verteilung der im Projekt auftretenden Rollen angeregt und überlegt, wie ich sie den Studierenden kommuniziere: Auftraggeber*in, Projektleiter*in, Projektmitarbeiter*in, Coach/Supvervisor*in, Prüfer*in?
  • Welche Rolle übernehme ich bei der Begleitung der Projekte? Beantworte ich Fragen, gebe ich Feedback, stelle ich Materialien bereit (oder auch nicht)?
  • Wie vermittle ich bei Konflikten?
  • Unterstütze ich den Prozess anderweitig?
  • Kann ich und will ich mit studentischen Tutor*innen arbeiten?
  • Welchen Arbeits- und Beratungsauftrag bekommen die Tutor*innen von mir?
  • Wie gestalte ich die Begleitung der Tutor*innen – wie und wann stehe ich ihnen als Supervisor*in zur Verfügung?
  • Wie gewährleiste ich, dass das Ergebnis am Beginn des Projekts offen bleibt – da die Herausforderung vor allem darin besteht, dass die Studierenden eigene Lösungen erarbeiten?
  • Wie moderiere und gestalte ich die Präsentation (ggfs. auch Zwischenpräsentationen) der Projektergebnisse und den Test des Produkts?

Erfahrungen aus der Lehre

Technische Hochschule Köln

Die Hochschulweite Interdisziplinäre Projektwoche (HIP) an der TH Köln ist ein etabliertes digitales Format für interdisziplinäre Zusammenarbeit über Fakultäts- und Fachgrenzen hinweg. Die Studierenden lernen, in heterogenen Teams zu agieren und Verständnis für Methoden anderer Disziplinen zu entwickeln.

Technische Universität Dresden

Im Podcast Trafohaus//Lehre von Hochschuldidaktik Sachsen berichten Katharina Porepp und Dr. Robert Fischer über die Umsetzung, Lessons learned und Vorteile von projektbasiertem Lernen im Maschinenwesen.

Links & Literatur

  • Dieser Artikel basiert auf dem Steckbrief „Projektbasiertes Lernen“ von Susanne Gotzen aus dem Zentrum für Lehrentwicklung (ZLE) der TH Köln. Der Steckbrief ist unter CC BY 4.0 lizenziert.
  • Chen, C.-H., Yang, Y.-C. (2019). Revisiting the Effects of Project-Based Learning on Student’s Academic Achievements: A Meta-Analysis Investigating Moderators. Educational Research Review, 26, p. 71–81.
  • Efstratia, D. (2014). Experiential Education through Project Based Learning. Procedia – Social and Behavioral Sciences, 152, p. 1256–1260.
  • Gerber, Julia, Grünvogel, Stefan M., & Treeck, Timo van. (2016). Selbstmanagement in der Studieneingangsphase: Der Entwicklungsprozess eines Moduls. In: Neues Handbuch Hochschullehre. Berlin: DUZ Verlags- und Medienhaus. Griffmarke F 1.15.
  • Lasauskiene, J., Rauduvaite, A. (2015). Project-Based Learning at Universities: Teaching Experiences of Lecturers. Procedia – Social and Behavioral Sciences, 197, p. 788–792.
  • Markowitsch, J., Messerer, K., Prokopp, M. (2004): Handbuch praxisorientierter Hochschulbildung, Wien.
  • Landwehr, N., Mueller, E. (2006): Begleitetes Selbststudium Didaktische Grundlagen und Umsetzungshilfen, Bern.
  • Reinmann, G.: Forschendes Lernen und wissenschaftliches Prüfen: Die potentielle und faktische Rolle der digitalen Medien (zu Forschendem Lernen 1970 und heute). Aufgezeichnete Ring-Vorlesung.

Header-Bild: © Rawpixel/stock.adobe.com

  • Michele Seidel hat trägt eine graue Jacke und einen roten Pullover, hat lange blonde Haare und helle Haut.

    Michéle Seidel (M.A.) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Zentrum für Lehrentwicklung der Technischen Hochschule Köln mit Fokus auf die Bereiche Hybride/Digitale Lehre, Soziale Online-Lernumgebungen, Wissenschaftskommunikation und Forschung.

  • Susanne Gotzen ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Zentrum für Lehrentwicklung der TH Köln, machte eigene Schritte zur Lehrentwicklung in ihrer Ausbildung zur Lehrerin (1. und 2. Staatsexamen) und in Lehrveranstaltungen für Lehramtsstudierende und publiziert hochschuldidaktische Artikel.

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